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Geowissen

Wie die größten Seltenerd-Vorkommen Europas entstanden

Seltener Vulkantyp kann Anreicherung von Seltenen Erden in Eisenerz-Lagestätten erklären

Kiruna-Eisenerz
Eisenerze vom Kiruna-Typ können größere Mengen Seltene Erden enthalten. Wie dies zustande kam, haben Geologen nun aufgeklärt. © Jens Kraglund/ CC-by-sa 3.0

Rätsel gelöst? Geologen könnten herausgefunden haben, warum die größten Seltenerd-Vorkommen Europas ausgerechnet in Eisenerz-Lagerstätten liegen. Demnach ist ein seltener, erloschener Typ von Vulkanen für diese Anreicherungen von Eisenerz und Seltenerdmetallen verantwortlich. Wenn das silikatreiche Magma dieser Vulkane mit Eisen-Phosphat-haltigem Gestein zusammen schmilzt, diffundieren die Seltenen Erden bevorzugt in die Eisenschmelze. Daher könnten noch weitere Seltenerd-Vorkommen in solchen alten Vulkangebieten schlummern, wie das Team berichtet.

Seltenerdmetalle sind für viele moderne Technologien unverzichtbar. Doch die Nachfrage steigt und das Angebot ist knapp – und geografisch einseitig verteilt: Rund 90 Prozent der in Europa benötigten Seltenen Erden kommen bisher aus China. Entsprechend intensiv wird nach neuen Vorkommen von Neodym, Terbium, Dysprosium und Co gesucht. Mit ersten Erfolgen. In den letzten Jahren haben Geologen sowohl in Schweden als auch in Norwegen Lagerstätten mit unerwartet großen Anteilen von Seltenerdmetallen entdeckt.

Per-Geijer-Lagerstätte
Die erst kürzlich im schwedischen Kiruna entdeckte Per-Geijer-Lagerstätte ist eines der größten Seltenerd-Vorkommen Europas. © LKAB

Warum gerade in diesen Eisenerzen?

Das Besondere daran: Diese neuen Seltenerdvorkommen sind eng mit bestimmten Eisenerz-Lagerstätten verknüpft. Die in den dortigen Apatit-Eisenoxiden vorkommenden Minerale sind stark mit leichten und schweren Elementen der Seltenen Erden angereichert. Doch warum das so ist und wie diese Vorkommen entstanden sind, ist bisher unklar. „Die exakten Mechanismen dafür sind heiß umstritten“, berichten S.C. Yan von der Australian National University und seine Kollegen.

Einer Theorie nach spielten vulkanische Prozesse und geochemische „Unverträglichkeiten“ die entscheidende Rolle für die Bildung von Eisenerzen vom Kiruna-Typ. Demnach können sich silikatreiches Magma und heiße eisen- und phosphathaltige Schmelzen im Untergrund nur schlecht mischen. Deshalb führte ihr Kontakt in urzeitlichen Vulkangebieten zu einer verstärkten Ablagerung und Anreicherung von Eisenoxiden – und mit ihnen auch von den in ihnen gelösten Seltenen Erden – so das Szenario.

Vulkanismus im Labor

Doch was genau passiert, wenn silikatreiches Magma auf Eisen-Phosphat-Schmelzen trifft? Das haben Yan und sein Team nun in einem Laborexperiment nachvollzogen. Dafür füllten sie abwechselnd silikatreiches Vulkangestein sowie Eisen-Phosphat-haltige Mineralen in einen Testbehälter. Beide Mischungen enthielten enthielten geringe Anteile leichter und schwerer Seltenerdmetalle. Die Behälter wurden dann unter hohem Druck auf 800 bis 1.150 Grad erhitzt – heiß genug, um die Materialien zu schmelzen.

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Es zeigte sich: Obwohl die Mischungen zwei bis fünf Tage lang gemeinsam erhitzt und geschmolzen wurden, mischten sie sich nur teilweise. Stattdessen entstanden in der Schmelze isolierte Tropfen und Klumpen von Eisenoxiden. „Das bestätigt die Nicht-Mischbarkeit von Eisen-Phosphat-mit Silikatschmelzen als kontrollierenden Faktor für die Eisenoxid-Apatit-Vorkommen“, schreiben die Geologen.

Seltenerd-Anreicherung
Selektive Anreicherung von Seltenerdmetellen (REE) in der Schmelze. © Yan et al. / Geochemical Perspectives Letters, CC-by-nc-nd 4.0

Anreicherung der Seltenerdmetalle bestätigt

In ihren Versuchen konnten die Forschenden auch beobachten, wie sich die Seltenerdmetalle in den Eisen-Phosphat-Schmelzen anreicherten – wie von der Theorie vorhergesagt. Einige dieser Seltenerd-Anteile erreichten den Messungen zufolge weit höhere Werte als zuvor dokumentiert. Dies galt vor allem für die Elemente der sogenannten leichten Seltenen Erden, wie Lanthan, Neodym, Europium oder Cer. „Das erklärt die vorwiegende Anreicherung leichter Seltenerdmetalle in den Eisenoxid-Apatit-Lagerstätten“, berichten Yan und seine Kollegen.

Nach Ansicht des Forschungsteams bestätigt dies, dass Seltenerd-reiche Eisenerz-Lagerstätten wie in Schweden oder Norwegen eng mit bestimmten Formen des Vulkanismus zusammenhängen. Nötig ist demnach die Kombination von silikatreichem Magma mit Eisenphosphat-haltigem Gestein. Wenn dann beide gemeinsam schmelzen, findet eine Anreicherung von Eisenerzen und Seltenen Erden statt. „Jedes Gestein, das diesen Prozess durchlaufen hat, könnte demnach mit leichten Seltenerdmetallen angereichert sein“, schreiben die Geologen.

Wo könnten weitere Vorkommen liegen?

„Allerdings haben wir bei aktiven Vulkanen noch nie die Eruption von eisenhaltigem Magma beobachtet“, sagt Koautor Michael Anenburg von der Australian National University. „Aber wir wissen, dass einige schon seit Millionen Jahren erloschene Vulkane diesen ungewöhnlichen Eruptionstyp hatten.“ In diesen seltenen Vulkangebieten, darunter dem El Laco in Chile, wurden auch schon größere Eisenerzvorkommen gefunden.

Die große Eisenerz-Lagerstätte bei Kiruna hat ebenfalls eine solche vulkanische Vergangenheit – was ihren Reichtum an Seltenerdmetallen erklären könnte. „Solche eisenreichen Vulkangebiete sollten daher auch auf Seltenerdvorkommen hin untersucht werden“, so der Forscher. (Geochemical Perspectives Letters, 2024; doi: 10.7185/geochemlet.2436)

Quelle: Geochemical Perspectives Letters/ Australian National University

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